Informationen zur deutschen Postautomation im Bereich Freimachung,
Briefannahme, Schalterbetrieb und Briefbearbeitung
Philatelistische Kurzprofile
Kurzprofil WITT WEIDEN
23.10.2018
Kürzere Einzelthemen sind meinerseits nach 11 Jahren Homepage als Favoriten vorstellbar und beabsichtigt. Den neuen Menüpunkt KURZPROFILE habe ich unterhalb dem Kapitel BRIEFBARABEITUNG eingereiht. KURZPROFILE sollen weiterhin im Sinne der SOCIAL PHILATELY Persönlichkeiten, Firmen oder Projekte beleuchten und dabei stehen individuelle Belege wie z.B. auch Freistempel natürlich wieder im Vordergrund.
Das Thema WITT WEIDEN ist gleich in 3facher Hinsicht interessant. Einmal ist eine kurze Vorstellung zum größten Textilversenders seit über 100 Jahren in Deutschland betrachtenswert, andererseits gilt es einmal die Postautomation unter Einsatz eines Freistemplers beim Postamt Weiden vorzustellen und ferner besteht hier noch speziell ein interessanter olympischer Motivbezug zu den Spielen im Jahr 1936 an.
Der Begründer Josef Witt lebte von 1884 bis 1954 und betrieb zunächst einen Kolonialwarenladen nach Übernahme von seiner Schwester in Reuth bei Erbendorf im Jahr 1907 und konzentrierte hier seine Geschäftsbasis auf den Versandhandel von Webwaren.
Im Jahr 1913 verlegte Josef Witt den aufstrebenden Betrieb im Webwarenversand aus logistischen Gründen in die benachbarte Stadt Weiden in der Oberpfalz und WITT WEIDEN ist quasi zum feststehenden Begriff geworden.
Nachfolgend ein Geschäftsbrief aus dem Jahr 1933 und eine ältere Ansichtskarte mit dem Versandhaus Josef Witt gestempelt im Jahr 1938.
Nach dem 1. Weltkrieg und Inflationszeit konnte die Firma wieder stabilisiert im Textilversandhandel erfolgreich agieren und stieg zum Jahr 1925 erfolgreich in die eigene Fabrikation ein. Dazu ein Firmenwerbehinweis mit 1.579.000 Postpaketen im Jahr 1932
Passend eine Paketkarte im Selbstbucherverfahren und Registrierkassenentwertung über 0.95 Reichsmark und Reichspostadler mit Hakenkreuz im Prägedruck. Mit 8. Dezember 1942 benötigte die Schneiderin aus Hildesheim wohl noch rechtzeitig Nähmaterial zu Weihnachten.
Nachfolgend eine „Firmenphilosophie von Witt“ zum Weihnachtsfest 1933
Stolz wurden ab dem Jahr 1936 die Fabrikationshallen für Webwaren, mechanische Baumwollspinnereinen und – webereinen sowie Büro- und Versandhaus letzteres in der Schillerstrasse Weiden im Bild werbewirksam auf den Firmenumschlägen rückseitig platziert.
Ein zusätzlicher Firmenfreistempler nutzte dann im Werbeteil wirkungsvoll die erweiterten Firmengebäude und in diesem Fall mit Wertrahmen Reichsadler.
Auf diesen Absenderfreistempel werde ich noch einmal später zurückgreifen.
Philatelistische Kurzprofile
Kurzprofil WITT WEIDEN 1. Fortsetzung
01.11.2018
Mitte der 1930er Jahre war die Zahl der Mitarbeiter mit ca. 5000 ein Beweis für die erfolgreiche Etablierung mit zunehmender Expansion und der Jahresumsatz näherte sich in Millionen notiert dem 3stelligen Bereich. Dazu einmal passend eine Rechnung aus dem Hause WITT aus dem Jahr 1932 an einen Kunden in Untermutschelbach und früher Prospekt
Sicherlich waren die Erfolge auch zurückzuführen auf die intensive Werbung für das Firmenangebot in großformatigen Werbeschriften, die zumeist in DIN A 5 Umschlägen versendet wurden und die ebenfalls vor- und rückseitig für WITT und seine Produkte warben.
Das Postamt Weiden wurde vermutlich durch die große Anzahl der Briefumschläge der Fa. Witt ebenfalls wohl animiert ihren Postfreistempler mit wechselnden Werbeeinsätzen zu gestalten und mir sind allein 8 unterschiedliche Zudrucke bzw. Einsätze bekannt, die teilweise auch kurzfristig gelaufen sind. Nun vermitteln die obigen Bilder ein buntes Bild der Platzierung des Postfreistempels. Eigentlich sind korrekte einzelne Stempelabschläge durch die HALBSTEMPELMASCHINE zu erwarten. Es lag vermutlich eine Maschinenstörung vor und es ist ein ständiger „Rundlauf“ anzunehmen. Da die Halbstempelmaschine die Abschläge zählte, wäre eine korrekte Abrechnung des Gesamtportos auf diese Art nicht zu ermitteln gewesen. Vermutlich wurde ersatzweise die Zahl der Umschläge als Rechnungsbasis gewählt.
Dieses Phänomen ist natürlich auch in folgenden Beispielen zu erkennen. Da hier aber motivbezogen die olympischen Winter- und Sommerspiele in Deutschland im Jahr 1936 im Werbeeinsatz der Postfreistempel eingesetzt waren, sind dies besonders gesuchte Belege aus dem Kreis der entsprechenden Motivsammler.
Es ist sicherlich auch einmal interessant aus diesem Jahr 1936 eine Sonderpreisliste für Stoff-Meterware und einen Auszug für Damenbekleidung aus dem Werbekatalog vorzustellen. Deutschland hat zumindest seine Erfahrungen im Währungsgeschehen. Unmittelbar vergleichbar geht es zwar nicht von Reichsmark zu Deutscher Mark und Euro, dies hat dennoch seinen Reiz mit Meterware Stoff zu 0,54RM und Damenkleidern zu 3,75 Reichsmark.
Diesen Werbungen fügte Witt Weiden dann stets einen Bestellzettel bei und eine voradressierte Postkarte sowie Briefumschlag s. nachfolgendes Ensemble aus dem Jahr 1936. An dieser Zusammenstellung hat sich bis heute rein formell bis auf das Outfit nichts geändert und wird noch einmal später kurz aus aktuellen Zeiten abgebildet.
Philatelistische Kurzprofile
Kurzprofil WITT WEIDEN 2. Fortsetzung
11.11.2018
Die nachfolgende Firmenpostkarte mit Postfreistempel Weiden mit Wertstempel Adlerkopf führt dann im Dezember 1940 in die Zeit des 2. Weltkrieges und der resultierenden Notlage im Bewirtschaftungssystem und auch die Erfüllung von Weihnachtswünschen war vermutlich nicht mehr sicher zu garantieren, wie der rückseitige Text verrät
Die „ausgedünnte Preisliste“ aus dem Januar 1944 hat dann kriegsbedingt eine Präambel mit behördlichen Einschränkungen zum Kleiderkartenbezug und zusätzlich den Hinweis von gekennzeichneter Ware „FL - nur für Fliegergeschädigte“
Josef Witt sah sich anscheinend in seiner „Kaufmannsehre“ zu entsprechend nachfolgendem Schreiben genötigt und hofft auf das Verständnis seiner Kundschaft für die vorrangige Zielerfüllung des „Führers und seinem Endsieg im Großdeutschen Reich“.
Die Wirklichkeit zeigt das Foto von Erich Andres am 30. Juli 1943 vor 75 Jahren und Kaufhaus Karstadt Hamburg nach der Bombennacht
Nach dem 2. Weltkrieg steckte WITT in großen Schwierigkeiten. Äußerst problematisch war Materialbeschaffung und deren Weiterverarbeitung und Fabrikation. An einen regulären Versand war gar nicht zu denken. Zudem gab es weiterhin rationierte Bewirtschaftung und der folgende Einschreibbrief an die Landesstelle für Kohle enthält den schon aus Gauwirtschaftszeiten im NS – Regime eingeführten KOHLENMELDEBOGEN zur Überwachung des Energieverbrauchs. Dies ging dann an die Landesstelle für Kohle in München im Wirtschaftsministerium in der Prinzregentenstrasse. Übrigens liegt kein aptierter Absenderfreistempel im Jahr 1946 vor sondern in diesem Fall unveränderte Weiternutzung mit dem altehrwürdigen Wertrahmen Bogenrechteck.
Die Druckereien waren ebenso ohne Material, die Poststrukturen lagen danieder und nur zögerlich kam die Firmenweiterführung bei WITT in Gang. Dazu noch ein Geschäftsbrief an die Landesstelle diesmal für Baustoffe ebenfalls in München. Auch hier Nutzung des oben beschriebenen alten Absenderfreistempels. Ferner roter Maschinenzensurstempel der amerikanischen Kontrolle * RELEASED* CCD*GROUP „A“*.
CCD steht für Civil Censorship Detachment und war die bestimmende Zensurbehörde im amerikanisch besetzten Teil Deutschlands nach dem 2. Weltkrieg.
Das Jahr 1948 brachte mit der Währungsreform am 21. Juni die wesentliche Entscheidung und Voraussetzung für die positive wirtschaftliche Entwicklung im westlichen Zonenbereich nach dem 2. Weltkrieg. Die „letzte Stunde“ der Reichsmark nachfolgend philatelistisch dokumentiert.
Lag der Umsatz im Jahr 1948 bei WITT WEIDEN bei nur 3 Millionen D-Mark, setze mit der Währungsreform das viel beschriebene Wirtschaftswunder ein und bereits im Jahr 1950 war ein Jahresumsatz von 90 Millionen DM zu feiern! Folgend Ansichtskarten aus der Nachkriegszeit zu WITT WEIDEN
1953 steht die Werbung auf der Preisliste Nr. 339 schon wieder ganz im Zeichen der florierenden Produktionsstätten.
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Kurzprofil WITT WEIDEN 3. Fortsetzung
22.11.2018
Apropos Nachkriegszeit, der Freistempler Reichsadler wurde zumindest mit seinem Werbeteil bildmäßig noch einmal reaktiviert und dazu folgende Vergleichskombination
Josef Witt starb im Jahr 1954 und seine Ehefrau führte mit dem Sohn Josef die Firma gemeinsam weiter. Ab dem Jahr 1959 war Dr. Josef Witt geschäftsführend tätig und dies zunächst erfolgreich.
Ab dem Jahr 1970 waren die Umsatzzahlen bzw. die Gewinnsituation rückläufig und zum Jahr 1987 wird WITT WEIDEN in die SCHWAB AG, Hanau eingegliedert.
Da SCHWAB aber bereits seit dem Jahr 1976 bereits zur OTTO – Gruppe gehört, ist somit auch hier nun WITT WEIDEN integriert.
Die OTTO – Gruppe hat sich aktuell neben AMAZON als stärkster Konkurrent im online- Handel etabliert und dieses Forum hat Vorteile der schnellen Bestellung vom häuslichen Sofa in den Abendstunden bis hin zu überraschenden Erfahrungen mit der Computerkriminalität und der Konfrontation unberechtigter Inkassoverfahren für nicht bestellte Sendungen.
Entsprechend der kleinen Zusammenstellung zur Freimachung im OTTO – Versand gibt es natürlich auch im EDV – Bereich ein Belegbeispiel zur entsprechenden Postautomation bei WITT WEIDEN
In der OTTO – Gruppe hat sich die Firma WITT wieder bestens aufgestellt und feiert im Jahr 2007 das 100jährige Jubiläum. Eigene weitere Geschäftszweigen werden erfolgreich etabliert aber die Basis für den WITT – Versand ist vordergründig die weibliche Zielgruppe über „50 Jahre“. Dazu ein zeitaktuelles Werbe- und Bestellensemble.
An dieser Stelle zumindest noch einmal ein Blick zurück auf die Postfreistempel mit Werbeeinsatz zu den olympischen Spielen 1936. Nicht nur das Postamt WEIDEN war hier aktiv sondern zu den Sommerspielen auch LUDWIGSHAFEN. Und in diesem Fall mit einem korrekten Einsatz der Halbstempelmaschine.
Die zugehörige Rückseite offenbart eine Werbung der MBK für eine wirtschaftliche Rezeptverordnung (Rp) der zuverlässigen Compretten.
Der Antwortteil wurde von dieser Postkarte abgetrennt und wohl retourniert von Dr. Hans Schieck. Aber dennoch ist die Erklärung schnell zur Hand. MBK war im Jahr 1914 eine gemeinschaftliche Gründung der Arzneiproduzenten MERCK, BOEHRINGER und KNOLL und die Compretten waren gepresste medizinische Kohle, die auch aus eigener Erfahrung in keiner Reiseapotheke fehlen sollten, um den Verdauungstrakt „zu beruhigen“.
Dazu ein Ensemble der betreffenden MBK – Gründerfirmen MERCK, BOEHRINGER und KNOLL mit ihren Absenderfreistempeln vor 1945 in teils seltenen Destinationen, Versendungsformen und Portostufen
Dies war mein Kurzprofil WITT WEIDEN und über ein neues Thema gilt es nachzudenken