Informationen zur deutschen Postautomation im Bereich Freimachung,
Briefannahme, Schalterbetrieb und Briefbearbeitung.
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NS Widerstand – Grafen von der Schulenburg
05.12.2022
Die Widerstandsakteure im III. Reich waren durchaus zahlenmäßig vorhanden, agierten für die breite deutsche Bevölkerung praktisch aber „als nicht vorhanden“ und wurden gegebenenfalls in der Presse als VERRÄTER erwähnt. Hier kommt bis zum Jahr 1945 die absolute NS – Indoktrinierung zum Zuge. Propagandistisch war die Vereinahmung der deutschen Bevölkerung und auch der Jugend in Schule und NS – „Freizeit“ - Organisationen gelungen und es kam zur Einschwörung und Gleichsetzung von Hitler und Deutschland
Beispielhaft dazu aus einer Auswahl von zahlreichen Belegbeispielen zur NS – Indoktrinierung hier die nationalsozialistische Volkswohlfahrt (NSV) mit ihren 17 Millionen Mitgliedern und beispielhaft auch mit ihrer Kinderlandverschickung (s. KVL-Lager OD./97) noch bis in das Jahr 1944 Kinder auf`s Land, stiftet Freiplätze und Aktion Mutter und Kind
Entsprechend der NS– Ideologie zur umfassenden Volksgemeinschaft fielen die Parolen der NSV aus. Die angestrebte Volksgemeinschaft aus gleich geschalteten Mitgliedern war vorrangig und dementsprechend die Werbeeinsätze in den Absenderfreistempeln:
Die NSV ist das soziale Gewissen unseres Volkes – Werde Mitglied! Gemeinnutz geht vor Eigennutz oder Kämpft für den Sozialismus der Tat!
Nicht zu steigern diesbezüglich waren aber die Aktivitäten der Deutschen Arbeitsfront unter Robert Ley, die nicht nur die gesamte Arbeitswelt sondern auch mit ihrer Freizeitorganisation „Kraft durch Freude“ bis auf die „unvermeidlichen Schlafzeiten“ den gewünschten und geformten deutschen NS – Volksgenossen möglichst 24 Stunden für sich in Anspruch nahm. Nach Ausschaltung der Gewerkschaften wurde unter Robert Ley als Reichsorganisationsleiter ein „krakenförmig sich ausweitendes Konstrukt“ geschaffen, das sich für alle Lebensbereiche der Volksgemeinschaft zuständig fühlte. Dazu eine kleine Auswahl
Gesamtverband der deutschen Arbeiter, Amt für Berufserziehung, Reichserholungswerk und natürlich die Kraft durch Freude Organisation und Aufruf zur Beteiligung an den Veranstaltungen.
Die kilometerlange Seebadanlage Prora der KdF wurde nur noch ansatzweise kriegsbedingt gestartet, aber die KdF – Flotte war ein durchaus begehrtes Reiseunternehmen.
Selbst die Auslandsdeutschen wurden nicht vergessen und in das NS – System integriert. Der Volksbund für das Deutschtum im Ausland (V.D.A.) firmierte mit der Zentrale in Berlin im VDA – Haus und im Absenderfreistempel meiner Meinung nach der „umwerfende anspruchsvolle Slogan „Volkstum kennt keinen Verzicht auf Volkstum“. Die Absenderabkürzung steht selbstbewusst unter dem Wertstempel mit V.D.A. – W.U. (kannte anscheinend damals jeder), wobei WU für Wirtschaftsunternehmen steht. War auch in Berlin die Zentrale, so hatte man sich aber für Festlichkeiten und Tagungen Stuttgart zur Stadt der Auslandsdeutschen ausgewählt bis hin zur Ehrenbezeichnung im Poststempel („NS“ – Städte gab es übrigens in dieser Hinsicht 6 mit Frankfurt, Graz, Leipzig, München, Nürnberg und Stuttgart). Im Segel der Handelskogge durfte das Hakenkreuz in Stuttgart natürlich nicht fehlen
Die „Ehren“bezeichnung (Graz, München und Nürnberg mit NS – Bezug) der oben angeführten Städte hatte in allen möglichen Poststempelformen den jeweiligen Zusatz Stadt des Handwerks, Stadt der Volkserhebung, Reichsmessestadt, Hauptstadt der Bewegung und Stadt der Reichsparteitage.
Nachfolgend aber einmal eine Auswahl aus dem Bereich der Absenderfreistempel
Zur allumfassenden Gleichschaltung gab es entsprechende Schulungsorganisationen der Nationalsozialisten und dazu nur zwei Beispiele mit Absenderfreistempeln der sog. Ordensburgen und eine Fotoansichtskarte der NS – Frauenschaft mit einer Führerinnenschule
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NS Widerstand – Grafen von der Schulenburg – 1. Fortsetzung
17.12.2022
Die allgemeine Presse folgte den Vorgaben des Reichsministers für Volksaufklärung und Propaganda Joseph Goebbels und dies voran mit der NS – Zeitung Völkischer Beobachter
Beispielhaft die gleichgeschaltete lokale Presse
Verbot von SPD und KPD, Auflösung der Gewerkschaften mit Haft und KZ ihrer Funktionäre waren die rasche und unbarmherzige Folge schon frühzeitig nach der Machtübergabe an Hitler und sein Regime ab dem Jahr 1933. Ein Polizeiapparat und die Geheime Staatspolizei Gestapo überwachten scharf das geschaffene „NS - Volksmodell“ bis hin zur Liquidation unliebsamer Abweichler. Folgend einmal der Absenderfreistempel mit unverfänglich Albrecht und Rudolph unter dem Wertstempel aber im Absendereindruck auf dem Briefumschlag Geheimes Staatspolizeiamt, Berlin SW 11 also - wirklich zweckorientiert und sicherlich damit sehr geheimnisvoll!
Das kleine vorstehende Konzept sollte einmal kurz das NS – System andeutungsweise beleuchten und die Problematik aufzeigen, in diesem Umfeld Widerstand gegen das Regime zu leisten. Die jüngeren Widerstandskämpfer verbunden unter dem Begriff „Weiße Rose“ oder die Älteren im „Goerdeler - oder Kreissauer – Kreis“ oder vergebliche Einzelkämpfer waren schicksalhaft gemeinschaftlich dazu verdammt im NS – Widerstand zu scheitern und erlebten in der Regel mit Haftstrafen, KZ-Verbannung und durch Hinrichtung nicht mehr den apokalyptischen Untergang des NS – Systems mit seinem Führer Adolf Hitler.
Mit dem endgültigen Zusammenbruch des III. Reiches und den siegreichen alliierten Armeen im April 1945 kann dieser Tag auch mit dem Sonderstempel TORGAU dokumentiert werden, als amerikanische und russische Invasionstruppen an der Elbe aufeinander trafen.
Die politische Aufarbeitung der NS – Zeit nach dem 2. Weltkrieg begann und dies mit einer wahrhaft wechselhaften Entwicklung bezüglich der Sichtweise auf den deutschen Widerstand.
Widerstand in Deutschland gerichtet gegen das nationalsozialistische System und Adolf Hitler ist thematisch vielfältig bearbeitet in der Literatur, Fernsehen und auch die deutsche Philatelie war durchaus früh beteiligt unter den alliierten Verhältnissen der Nachkriegszeit
Schon die Beschäftigung mit der VVN (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes) und ihrer zunehmenden Polarisierung zwischen der Sowjetischen Besatzungszone, Berlin und Westdeutschland ist ein höchst interessantes Kapitel im aufkommenden politischem Blockdenken der deutschen Nachkriegsgeschichte.
Denn in der Nachkriegszeit war die Vergangenheitsbewältigung für den größten Teil der Bevölkerung kein Thema und das Überleben in leiblicher und wirtschaftlicher Hinsicht war absolut vordergründig. Es gab aber schon in den ersten Nachkriegsjahren durchaus politische Zirkel, die sich mit der Widerstandsbewegung (s.o.) beschäftigten und noch durchaus in gemeinschaftlicher gesamtdeutscher Gruppierung ohne die anstehende Trennung durch „östliches und westliches Denken“. Zu dieser Zeit wurde die deutsche Widerstandsbewegung anfangs also durchaus noch „gesamtdeutsch“ betrachtet und spez. in Berlin „vorsichtig“ auch in der Presse artikuliert und entwickelte sich dann aber unter dem Einfluss des aufkommenden Blockdenkens getrennt in eine Ost- und West- Sichtweise des deutschen Widerstandes mit vorsichtiger gemeinsamer Aufarbeitung nach der Wiedervereinigung 1990.
Die „Frontstadt Westberlin“ gedachte dann 1954 in der Nachkriegszeit schon allerdings relativ früh philatelistisch dem Widerstandsgeschehen und gestaltete eine Sonderbriefmarke und dazu einmal der amtliche Ersttagsbrief mit zugehörigem Text und schon hier im Vordergrund das Geschehen und Attentat auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944
Westberlin war auch zukünftig mit der philatelistischen Berücksichtigung des Widerstandes gegen das NS – Regime aktiv, wie es das folgende Ensemble bestätigt.
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NS Widerstand – Grafen von der Schulenburg – 2. Fortsetzung
28.12.2022
In der DDR wurden dann in der Folgezeit vorwiegend die Einzelkämpfer des Widerstandes aus den kommunistischen und sozialistischen Strukturen in den Vordergrund gestellt
HITLER IST KRIEG (s. blaue Grafik)
Mit der obigen Blockausgabe der DDR zu Ehren der Widerstandsorganisation Schulze – Boysen – Harnack taucht allerdings die teils umstrittene Sichtweise zum Thema „Rote Kapelle“ auf und hier ist es dem Homepagebesucher selbst überlassen, sich durch Literaturstudium ein Bild zu machen zwischen „Staatsverrat und Widerstand“.
Im westlichen Deutschland der Nachkriegszeit fristete die Aufarbeitung der Widerstandsbewegung noch längerfristig ein Schattendasein bis hin zum Unverständnis nicht nur für die NS – Opfer der Widerstandsbewegung sondern auch gegenüber ihren Angehörigen mit Ehefrauen und Kindern. Diskriminierung oder empathielose Oberflächlichkeit führten zur Ausblendung des Geschehens. Ähnlich den Prozessen in der Nachkriegszeit für Wiedergutmachungsansprüche z.B. jüdisch Betroffener. Ehefrauen und Angehörige der inhaftierten oder ermordeten Widerstandskämpfer kämpften vor einer teils als seelenlos zu bezeichnenden und noch im indoktrinierten NS - Denken befangenen Justiz um berechtigte auch finanzielle Zugeständnisse geschweige denn um einen juristischen und menschlich anerkennenden Blick auf die betroffenen Opfer des Widerstandes und das Leid ihrer Angehörigen.
Im Gegensatz dazu waren manche Entnazifizierungsverfahren eine Farce, „plötzlich gab es Persilscheine vom Pfarrer“ und teils schwergewichtige NS - Chargen rutschen unerkannt erneut in leitende Positionen. Beispielhaft ein Schreiben aus Berlin (Name verdeckt).
Die BRD - bis auf das geteilte Berlin – arbeitete also den Sachverhalt etwas zögerlich auf mit etwas reservierter Haltung. Ende der 1950er Jahre war dann auch im westlichen Teil Deutschlands die breitere Beschäftigung zum Widerstand gegenüber dem NS - Regime angekommen und hier dann auch eine gewisse, wenn auch nicht ausschließliche Konzentration mit dem Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 und dazu die Blockausgabe aus dem Jahr 1964 mit den Ersttagsbriefvarianten und entsprechenden Sonderstempeln in Bonn und Berlin.
Im weiteren zeitlichen Verlauf finden sich dann zunehmend Briefmarken und Poststempel zum Widerstandsgeschehen im NS-Regime und auch die Literatur ist erstaunlich vielfältig in den vergangenen 75 Jahren geworden und belegt auch einen zunehmend differenzierten Blick auf die Ereignisse und ihre Persönlichkeiten.
Widerstand bis hin zum Attentatsversuch von überzeugten Einzelpersonen sind in den Biographien lesenswert zu registrieren und stehen im Kontrast zur allgemeinen „Hitler – Hysterie“ der gleichgeschalteten deutschen Bevölkerung in der NS – Zeit.
Nach der glücklichen Wiedervereinigung wurde also dann eine gesamtdeutsche Sichtweise erkennbar und dies erneut mit Blick und Konzentration auf das Ereignis vom 20.Juli 1944.
Die Deutsche Post widmete dem Thema dann auch aufwendig über 6 DIN A4 Seiten eine Extraausgabe zum Deutschen Widerstand.
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NS Widerstand – Grafen von der Schulenburg – 3. Fortsetzung
07.01.2023
Synonym für den Widerstand wurde demnach die Bewegung 20. Juli 1944 mit dem Attentat auf Adolf Hitler und damit die misslungene „Operation Walküre“ im Führerhauptquartier Wolfsschanze im ostpreußischem Rastenburg.
Geprägt von teils adligen bzw. gut bürgerlichen Deutschen aus durchaus unterschiedlicher politischer Herkunft unter Einbeziehung auch von überzeugten Widerstandkämpfern aus dem Militär ist rückblickend die Gruppe 20. Juli als definitiv wichtige mögliche Widerstandsbewegung einzuordnen auch unter dem Aspekt mit einer Chance auf Erfolg gegen das Hitlerregime und dies auch mit einem breiteren personellen Konzept für eine praktikable politische Ära für eine Zeit Deutschlands nach Hitler.
Bekanntermaßen gilt nun mein Interesse basierend zum Thema Wolfsburg und Volkswagen den teils involvierten Mitgliedern zum Widerstand gegen Adolf Hitler aus dem Haus der Grafen von der Schulenburg. Ich verweise entsprechend auf die Homepage postautomation.de und dort auf den Menüpunkt VW – ein Deutscher Mythos. Die Untermenüs zu Schulenburg zusammen mit dem Kapitel der Kriegsproduktion im VW -Werk führen zu den adligen Akteuren Friedrich-Werner Graf von der Schulenburg und zu Fritz-Dietloff Graf von der Schulenburg als markante Persönlichkeiten auch im Widerstandsgeschehen und hier explizit zum 20. Juli 1944 bis hin zu ihrer Ermordung nach missglückten Attentat von 1944 im berüchtigtem Vollzugsgefängnis Berlin-Plötzensee.
Biografien zu den beiden durchaus unterschiedlichen Charakteren sind vorhanden, aber eine explizite philatelistische Würdigung durch Briefmarken oder Stempel ist seltsamerweise bis dato „untergegangen oder vergessen“ worden sowohl in der BRD als auch DDR. Philatelistische Spuren dieser Grafen und ihre Vita im Fall von Fritz-Dietloff, der als wichtiger Organisator der durchaus unterschiedlichen Akteure über das Militär, Konservativen bis zu den Sozialisten des 20. Juli einzuordnen ist, sind mir bis dato praktisch nicht begegnet. Allerdings zu Friedrich-Werner Graf von der Schulenburg finden sich immer wieder einmal Briefbelege auf Auktionen oder Internetplattformen bedingt durch seine Tätigkeit im konsularischen und diplomatischen Berufsfeld. Literatur zu FWS existiert auch durch „Verlagerung“ im Jahr 1945 in die Allrussische Staatliche M.- I.- Rudomino-Bibliothek für ausländische Literatur (gegründet 1922 in den Jahren des Bürgerkrieges von Frau Rudomino in Moskau). Aktuelle Aufarbeitung gilt dort auch den Bibliotheken dreier Widerstandskämpfer, die am Widerstand gegen Adolf Hitler beteiligt waren u.a. auch von Friedrich Werner Graf von der Schulenburg.
Schon im Menüpunkt Volkswagen – Ein deutscher Mythos wurden im Kapitel Freimachung mit Freistempel im Untermenü Postgeschichte Region Wolfsburg Schulenburg Belege an die Hochgeborene Gräfin v. d. Schulenburg Braunschweig, Adolfstraße 30 vorgestellt zu Beginn des 20. Jahrhunderts :
Braunschweig war Wohnort mehrerer Gräfinnen und Grafen aus dem Familienkreis derer von der Schulenburg aus Wolfsburg und Hehlen zu dieser Zeit. Die Adresse Adolfstraße 30 belegt nun den neuen Wohnsitz seit dem Jahr 1887 von Bernhard Graf von der Schulenburg aus Hehlen und seiner Familie. Der zweitgeborene (1875) Sohn Friedrich Werner Graf von der Schulenburg besuchte hier das Wilhelm - Gymnasium Braunschweig und studierte Rechtswissenschaften zuletzt in Berlin und ging hier erfolgreich in den konsularischen Dienst und erhielt seine diplomatische Ausbildung im Auswärtigen Amt der Reichsregierung. Aus dieser Zeit stammt eine der Postkarten und hier mit Datum vom 20.6.1907 und er bittet seine Mutter in Braunschweig dringend um Zusendung seiner schwarzen Reit- und ferner Turnhose nach Berlin und bezieht sich kurz auch auf seinen dortigen Dienst (Unterschrift F.W.)
Ausgehend von dieser nochmaligen Vorstellung möchte ich einmal dezidierter auf diesen Zweig der Grafen von der Schulenburg und hier Friedrich Werner Graf von der Schulenburg eingehen. In der Genealogie aus dem „Weißen Stamm“ der Grafen von der Schulenburg sind die Besitzungen Tressow / Mecklenburg und Hehlen /Weser in diesem Fall anzuführen. Bernhard Graf von der Schulenburg schlug die militärische Laufbahn ein und war Vater von FWS (zukünftig häufiger gebrauchte Abkürzung für Friedrich Werner Erdmann Matthias Johannes Bernhard Erich Graf von der Schulenburg)
Herrenhaus und Schloss (gebaut 1862) aus dem Haus der Grafen von Schulenburg Tressow
Schloss Hehlen und bis zum Jahr 1956 im Besitz der Grafen von der Schulenburg
Entsprechend seiner militärischen Laufbahn wurde Bernhard Graf von der Schulenburg (1839 bis 1902) häufiger an verschiedene Standorte versetzt. Verheiratet mit Margarete Freiin von Waldenfels (1847 bis 1918) führte der Weg beide nach Kemberg und hier wurde FWS am 20. November 1875 geboren. Weitere Stationen waren Darmstadt und Frankfurt a/M.
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NS Widerstand – Grafen von der Schulenburg – 4. Fortsetzung
19.01.2023
Der letzte und bleibende Standort war dann Braunschweig (ab dem Jahr 1887) und das Haus stand in der Adolfstraße 30. Blick in die Adolfstraße (Poststempel Braunschweig 19.05.1898)
Im Haus Adolfstraße 30 wohnte auch eine Tante von FWS im Haus und dazu eine Postkarte aus Berlin vom 3.5.1906 (Bahnpoststempel Berlin – Hannover). FWS kündigt nach längerer Zeit seinen Besuch an, hat viel zu erzählen und stand wohl auch kurzfristig vor der kommissarischen Leitung des Konsulats in Lemberg
An dieser Stelle der Hinweis, dass aber die Grafen von der Schulenburg – Wolfsburg ihr Braunschweiger Domizil in der Wilhelmstraße 99 hatten (aus dem Buch Schloss Wolfsburg, Institut für Museen und Stadtgeschichte)
und an diesem Standort wurde dann das Hotel DEUTSCHES HAUS errichtet. Mondscheinkarte und Poststempel Braunschweig vom 2.5.1901
In Braunschweig wurde dann FWS im Herzoglich Neuen Gymnasium eingeschult und absolvierte im Jahr 1894 seine Schulzeit mit dem Abitur.
Entgegen dem militärischen Berufsleben seines Vaters hatte FWS wohl die Diplomatenlaufbahn ins Auge genommen und richtete zielgerecht seine weitere Ausbildung danach aus. Ein Jurastudium war für die Diplomaten praktisch Bewerbungsvoraussetzung und FWS meldet sich an der Friedrich – Wilhelm - Universität in Berlin zum Studium der Rechtswissenschaften im Jahr 1894 an und wird im Corps Saxonia-Borussia aktiv.
Dennoch stand schon das Militär an und FWS geht ab Oktober 1894 als Einjährig-Freiwilliger zur 1. Garde des Feldartillerie-Regiments der Leibbatterie und das Entlassungszeugnis eröffnet die Möglichkeit zum Reserve-Offizier-Aspiranten.
Das weitere Rechtsstudium führt ihn dann in die Schweiz an die Universität nach Lausanne und auch diese Wahl war wohl ausgerichtet auf seine geplante Berufswahl, denn Lausanne -in der vorwiegend französisch geprägten Stadt in der Schweiz - wurde mit den dort erworbenen Sprachkenntnissen zum Vorteil der Bewerbung im diplomatischen Dienst.
Universität Lausanne und zugehöriges Postwertzeichen
Lausanne war FWS sehr sympathisch, aber ein weiterer Studienort war noch München und gegen Ende des Studiums war wohl wieder Berlin angesagt. An das 1. juristische Examen 1897 schloss sich die Referendarzeit an und 2. juristisches Examen im Jahr 1900.
In dieser Zeit mag sein folgendes Bild als Carte de Visite - CDV entstanden sein und „natürlich“ bei Oscar Roloff (Hof – Photograph Sr. Königlichen Hoheit und des Grossherzogs v. Mecklenburg-Schwerin sowie Sr. Durchlaucht des Fürsten von Schwarzburg- Rudolstadt).
In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts brachte die Photographie einen äußerst beliebten Geschäftsartikel mit der Carte de Visite (CDV) hervor, der millionenfach produziert wurde und durch raffinierte Phototechnik es erlaubte Porträt- oder Personenbilder relativ preiswert herzustellen. Die „Visitenkarten mit Bild“ hatten in der Regel das Format 6x9cm und jedes größere Warenhaus hatte eine Abteilung zur Herstellung dieser Fotos auf Kartonpapier eingerichtet und natürlich die speziellen Photoateliers und verewigten sich in der Regel rückseitig mit Besitzer, Standort und teils auch Illustrationen. Handschriftliche Zahlenvermerke bedeuteten die interne Archivierung zur Nachbestellmöglichkeit. Dadurch sind die CDV – Fotokarten mit ihren Rückseiten häufig eine wunderbare Informationsquelle.
FWS bewirbt sich im Jahr 1901 im Auswärtigen Amt in Berlin und wählt hier die konsularische Laufbahn, die bis zum Jahr 1919 noch getrennt vom diplomatischen Dienst war (s. Schüler`sche Reform im AA 1920/22). Ganz freiwillig war dieser Weg wohl nicht, zwar war sein Bildungsweg absolut korrekt, die adlige Abstammung vorhanden, der Militärdienst geleistet, die mögliche „Seilschaft im AA durch das Corps Saxonia-Borussia“ gegeben, aber die notwendige finanzielle erforderliche Basis und Ausstattung war nicht vorhanden für die Diplomatenlaufbahn und ihm daher zunächst verwehrt.
Seine erste Dienstelle führte ihn im Jahr 1903 für zwei Jahre als Vizekonsul in das Kaiserliche Generalkonsulat nach Barcelona.
Kaiserlicher Vizekonsul Graf F.W. v.d. Schulenburg in Barcelona Brief 1903)
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NS Widerstand – Grafen von der Schulenburg – 5. Fortsetzung
27.01.2023
Nach kurzer Rückkehr in den konsularischen Dienst in Berlin im Jahr 1905 übernahm FWS im Jahr 1906 kommissarisch die Leitung des Konsulats in Lemberg. Zu diesem Zeitpunkt wurde FWS Vater einer Tochter, Heirat mit Elisabeth von Sobbe. Die Ehe wurde früh geschieden.
Während der konsularischen Arbeit in Lemberg war er zusätzlich kurzfristig im Interimseinsatz in den Kaiserlichen Deutschen Konsulaten von Neapel und Prag tätig
Neapel
Prag
Von November 1906 bis April 1911 erfolgte die Versetzung von FWS als Vizekonsul nach Warschau an das Kaiserliche Deutsche Generalkonsulat. Zusammen mit Lemberg waren dies damit Tätigkeiten und Erfahrungskontakte im zaristischen Russland, da das Königreich Polen auf dem Wiener Kongress im Jahr 1815 unter russische Hoheit gelangte. Vielleicht prädestinierten ihn seine dortigen geschätzten Erfahrungen später im Jahr 1934 zum Posten des Botschafters in Moskau.
Warschau
Folgend ein Botschaftsbrief Kaiserlich Deutsches Generalkonsulat Warschau aus dem Jahr 1912
Im Jahr 1911 übernimmt FWS das Konsulat in Tiflis der Hauptstadt Georgiens und bleibt sozusagen auch in diesem Fall in einer zaristischen Provinz aber nun in der Kaukasusregion. Zur Einstimmung in die Zeit Ende des 19. Jahrhunderts folgend zwei Stiche allerdings teils in etwas ramponierter Form aber doch recht ausdrucksstark.
Gesamteindruck Tiflis mit Blick auf die Burg und Festung Narikala
Eine Straßenszene in Tiflis mit einem Gemälde von Th. Horschelt nach einer Photographie von Franz Hansstängle in München. Hansstängle war früh fotografisch tätig, verstarb im Jahr 1877 und danach kann das folgende Bild eventuell um das Jahr 1860 eingeordnet werden.
Die wechselhafte Geschichte Georgiens in den letzten zwei Jahrhunderten ist allein schon ein spannendes Thema und empfehlenswert. Nachfolgend zwei Siegel des Kaiserlichen Konsulats in Tiflis und eine Straßenszene mit russischer Inschrift
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NS Widerstand – Grafen von der Schulenburg – 6. Fortsetzung
04.02.2023
Schulenburgs konsularische Tätigkeit in Tiflis fällt damit in die Zeit vor dem 1. Weltkrieg und dies bedarf einer kurzen Einführung in die politische Ausgangslage und damit zum Verständnis seines Wirkens und dortigen Einsatzes gesteuert aus dem AA (Auswärtiges Amt) in der Wilhelmstraße 75 in Berlin.
Bild aus dem lesenswerten Buch von Hans Wilderotter im Jovisverlag 1998
Alltag der Macht - Berlin Wilhelmstrasse im Jahr 1909
Nachfolgend noch das Eingangsportal des Auswärtigen Amtes (AA) in der Wilhelmstraße hier aber der nördliche Anbau erbaut im Jahr 1804 als Wilhelmstr. 75 und seit dem Jahr 1882 verbunden mit dem Haupthaus und damit Wilhelmstr.76 und zu beiden Gebäuden kam später (im Jahr 1919?) noch das benachbarte Haus Wilhelmstr.74 hinzu.
Im Haus Wilhelmstr.76 hatte übrigens der Außenminister und Ministerpräsident Otto von Bismarck seine Dienstwohnung und zog nach „seiner“ Reichsgründung 1878 in das benachbarte Haus Wilhelmstr.77. Dieses Palais ehemals ein Haus aus einem Familienzweig der Grafen von der Schulenburg hat eine absolut wechselhafte Besitzerreihe und wurde seit dem besagten Jahr 1878 zum Ausgangsgebäude der Reichskanzlei, die unter Adolf Hitler und seinem Architekten Albert Speer den letzten Umbau und Erweiterung erhielt.
Zurück aber zu Otto von Bismarck.
Anmerkung:
Selbst kein studierter Historiker hoffe ich auf „eine gnädige Betrachtung“ meiner folgenden Ausführungen der geschichtlich relevanten Verhältnisse bis zum Jahr 1945
Nach seinen Einigungskriegen hatte Otto von Bismarck mit dem Krieg und Sieg gegen Frankreich - ausgelöst durch das Spektakel der sog. Emser Depesche - und mit der Erhebung des preußischen Königs Wilhelm I. zum Kaiser eines neuen deutschen Nationalstaates im Schloss von Versailles sein Ziel erreicht. Die deutsche Bevölkerung akzeptierte den Akt als lang ersehnte Legitimierung und als Fortsetzung des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation.
Wilhelm I. als König von Preußen empfand wohl für sich nun die Kaiserkrone im neuen Deutschen Reich durchaus als etwas prekär während seiner Regentschaft. Im Jahr 1888 folgte sein Sohn Friedrich III., der als 99 Tage Kaiser durch seinen frühzeitigen Tod leider nur ein Intermezzo für Deutschland gab. Sein Sohn Wilhelm II. folgte entsprechend im Jahr 1888 und wurde bis zum Jahr 1918 letzter Deutscher Kaiser und König von Preußen.
Mit dem politisch souveränen Reichskanzler und Außenminister Otto von Bismarck spez. in seiner konservativen unterschiedlichen Auffassung zur Einbeziehung der Sozialdemokraten in die deutsche politische Realität war für Wilhelm II. der Konflikt vorgezeichnet. In seiner Person mit Charakterzügen als Narzisst mit Profilierungsneurose war die Kollision rasch perfekt und Wilhelm verabschiedete sich von Otto von Bismarck und dazu die berühmte Karikatur „der Lotse geht von Bord“.
Fürst Otto von Bismarck zog sich nach Entlassung durch Wilhelm II. 1890 auf seinen
Stammsitz in Friedrichsruh zurück und starb dort im Jahr 1898.
Nun war politisch unter Wilhelm II. Der neue Kurs angesagt
und dazu eine durchaus passende Postkarte – gestempelt 15.7.1898
Fortsetzung folgt