Informationen zur deutschen Postautomation im Bereich Freimachung,
Briefannahme, Schalterbetrieb und Briefbearbeitung.
Gerätetyp Mettler Toledo
Nach dem Betriebsversuch im „automatischen Briefannahmesystem ABAS“ der deutschen Post vom Dezember 1995 bis Oktober 1996 (s. später vorgesehenes eigenes Kapitel „ABAS“) kündigte sich ein neuer Betriebsversuch im Briefannahmebereich der dt. Post im Mitteilungsblatt vom 26.3.1998 mit dem „Porto-, Informations- und Ausgabesystem PIA“ an. Der Betriebsversuch lief nur (!) vom 24.4.1998 bis 18.7.1998. Auch für diesen Bereich der Automatisierung im Briefannahmebereich der Post an dem sich die Firmen Nagler, Olivetti und Mettler- Toledo beteiligten, ist ein ausführliches eigenes Kapitel (ebenso wie für ABAS im Abschnitt: Automation im Briefannahmebereich) vorgesehen.
Olivetti und Nagler benutzten für die ATM- Produktion in diesen Automaten eine abgewandelte Weiterentwicklung des N104 mit der Typenbezeichnung N 109, der ebenfalls mit einem 24 Nadeldrucker in den PIA- Automaten ausgestattet war.
Ein Druckunterschied zu den zirkulierenden ATM- Sanssouci aus den N 104 Geräten findet sich nicht bei PIA Nagler und Olivetti, es gab hier nur zum Unterschied zum Nagler- ATM-Automaten die Möglichkeit einer passenden Quittung zum Markenkauf auf schlechtester Thermodruckqualität!
Beim Gerätehersteller Mettler-Toledo wurde für das PIA- System ein eigener Münzwertzeichendrucker entwickelt in Zusammenarbeit mit der Fa. Hectronic einer Firmentochter der Fa. Kienzle.
PIA- Automat der Fa.Mettler-Toledo in Zusammenarbeit mit Fa.Hectronic (Kienzle)
Die Abbildung stammt aus der Firmenwerbekarte, die an den 6. PIA-Standorten der Fa. Mettler-Toledo in Bochum 6 und 11, Köln 1, Schweinfurt 11, Trier 1 und 11 abgegeben wurde.
Das PIA- System ( Porto-, Informations- und Ausgabesystem) war ein Automations- und Selbstbedienungsversuch der dt.Post und dem Schalterbetrieb vorgelagert, um hier eine Entlastung zu erreichen. Die PIA- Automaten konnten direkt als Münzwertzeichendrucker für Automatenmarken benutzt werden oder wenn gewünscht noch zur Briefportobestimmung. Bei der Portobestimmung wurde der Brief ( bis 1000g wurden akzeptiert ) auf einer Auflage gleich gewogen und vermessen. Über die Tastensteuerung neben dem Bildschirm ( auf jeder Seite 3 Wahlmöglichkeiten) konnten Versendungsarten abgefragt werden und zum aufgelegten Brief die errechnete passende ATM ausgedruckt werden. Auch eine Quittungsabgabe über den Betrag war möglich im 24 Nadeldruck auf Normalpapier! Eine vereinnahmende „Briefkastenfunktion“ hatte PIA nicht im Gegensatz zu den deutschen Automaten im Briefannahmebereich der frühen R-Automaten (1909 bis 1931), der Münzfreistempler (1931 bis 1937 und 1954, 1955), im ABAS- System ( 1995, 1996) und bei den Samkyung- Automaten ab 2002 in seinen Varianten PDL und Briefstation ( s. späteres Kapitel).
Die ATM- Sammler beobachteten die Situation recht genau, da bei solchen Neuentwicklungen von Automatenmarkendruckern schnell abweichende Typen entstehen können, da trotz aller Bemühungen eine hundertprozentige Angleichung einer Programmierung für den Wertzeilendruck nicht zu erreichen ist! Genau dies geschah!
PIA- Beleg Ersttag Köln mit berechneter Portowertstufe über DM 12,20
Eine Gegenüberstellung von Mettler- Toledo- ATM zur Nagler- ATM zeigt den Unterschied im Wertzeilenaufdruck der Automatenmarken besser und deutlicher als im obigen Brief:
.
Mettler- Toledo- Druck Nagler- Druck
Die Unterschiede sind im direkten Vergleich doch recht augenfällig. Der Mettler- Toledo- Druck wirkt insgesamt graziler und etwas in die Höhe gestreckt. Im „DBP“ wird es noch deutlicher. Das „D“ wirkt weniger plump und für mich ist ein schnelles Unterscheidungsmerkmal die stärkere Kerbung im „B“, während im Nagler – Druck das „B“ fast wie „zwei aufeinander gestellte plumpe Kreise“ zur Darstellung kommt und eher einer gedrungenen und breiten „8“ ähnelt.
An dieser Stelle möchte ich auf Anregung von W. Rittmeier ( Redaktion DBZ) doch einmal die Unterschiede der Nadeldruckversionen N24 vom Mettler- Toledo- zum Nagler- Wertaufdruck in allen Ziffern vorstellen, damit für die Interessierten Vergleichsmöglichkeiten gegeben sind.
Bei den folgenden Abbildungen ist stets die Mettler- Toledo Automatenmarke über der Nagler- ATM angeordnet. Der gelegentlich geäußerte Hinweis alle Mettler- Toledo Aufdrucke liegen rechtsseitig im Stern des Sanssouci- Vordrucks, gilt nicht unbedingt durchgängig und spez. nicht für die Standorte Trier und Schweinfurt. Der Mettler- Toledo- Wertstufenaufdruck wirkt insgesamt graziler. Die Dezimalsterne sind ca. 1,3mm kleiner im MT- Aufdruck und berühren sich fast bei Nagler. Beim DBP ist das D bei MT schlanker, gestreckter und wirkt bei Nagler dickbauchiger. Das B ist bei MT deutlich gekerbt und wirkt bei Nagler plumper als wären zwei Kreise aufeinander gestellt. Das P unterscheidet sich meiner Meinung nach nicht so signifikant.
Bei der Ziffer 1 ist der MT- Aufstrich gering kürzer. Die 2 wirkt bei Mettler- Toledo graziler und steiler, der obere und untere Strich zur 2 sind bei MT kürzer. Die 3 zeigt deutlich einen kürzeren unteren Bogenstrich bei Mettler- Toledo.
Die 4 hat bei Mettler-Toledo einen um 1,5 mm verkürzten Querstrich. Bei Nagler ist der untere Bogenstrich in der 5 deutlich länger. Die 6 hat bei MT eher einen Kreis bei Nagler fast ein gedrungenes dickes Oval.
Bei Nagler ist der obere Strich der 7 länger. Die 8 wirkt bei Nagler spez. im oberen Kreis gedrungen und im unteren Kreis eher ovalförmig breit. Bei der 9 ist der Abstrich länger und steiler bei MT ausgeführt. Die 0 zeigt keine deutlichen Unterschiede in den Druckbildern.
Der Bildschirm im Mettler- Automaten bot nun abgebildet eine Auswahl von 5 ATM in den Wertstufen 100, 110, 220, 300 und 440Pfg. an , die einzeln angesteuert werden konnten, aber auch nacheinander fortlaufend abgerufen werden konnten zum sogenannten 1.Tastensatz mit der Möglichkeit der Quittungsabgabe nicht nur durch Einzelquittungsabruf für jeden Wert sondern sogar über den Gesamtwert des Tastensatzes in Höhe von DM 11,70!
Ersttags- Satz-Quittung Köln DM 11,70
Bisher haben wir stets einen neuen Tastensatz kennengelernt, wenn durch Portostufenwechsel eine neue Wertstufenbelegung am Münzwertzeichendrucker im Tastenbereich durchgeführt wurde. Beim Mettler- Toledo- Automaten gibt es mal wieder in der dt. ATM- Szene eine Ausnahme in diesem atm- spezifischen Vorgang. Denn trotz der kurzen Betriebszeit - z.B. Bochum 11 über nur drei Wochen - und ohne Portostufenwechsel wird ein 2.Tastensatz im Michel- Automatenmarkenkatalog erwähnt.
Im ersten Bildschirmbild des PIA- Automaten bei Mettler- Toledo wurde auf die Möglichkeit der freien ATM- Wahl - möglich von 10 bis 9990Pfg.- verwiesen. Bei Öffnung der weiterführenden Bildschirmseite zur freien ATM- Wahl wurde dem Benutzer erneut eine Serie von 5 Automatenmarken abgebildet vorgeschlagen in den Wertstufen 10, 50, 100, 200 und 500Pfg! Es konnten natürlich alle beliebigen Wertstufen zwischen 10 und 9990Pfg.gewählt werden, an die vorgeschlagenen Wertstufen war niemand gebunden. Dies zur Erklärung zum sog. 2.Tastensatz. Der MWZD Mettler- Toledo hat also erstmals 2 ATM- Vorschlagserien gleichzeitig angeboten.
PIA- Automaten hatten keine Münzwechslerfunktion, sondern beglichen Überzahlung in den uns schon bekannten ATM- Restwerten. Hier gab es aber bei Mettler- Toledo abermals eine Neuheit zu entdecken. Es wurde bei Wunsch eine ATM- Quittung über den ausgegebenen Gesamtbetrag ausgedruckt!
Restwerte Gesamtquittung über DM 2.- gewählte ATM
Identisch mit den uns bis dato bekannten Verfahren im Restwertschema bei Klüssendorf 696 oder Nagler N101 oder N104 versuchte der MWZD stets die Restwerte in kleinster Menge abzugeben. Bei obiger Anforderung einer 10Pfg. ATM und Bezahlung durch DM 2.- gab es dann logischerweise Restwerte zu 110 und 80, denn die Restwerte waren mit 110, 100, 80, 60, 40 und 10Pfg. in fallender Priorität besetzt. Der geleistete Gesamtbetrag konnte dann in einer möglichen Gesamtquittung bestätigt werden s. o. Quittierung über DM 2.- am Ersttag in Bochum 6!
Der PIA- Automat von Mettler hat nun eindeutig eine Sonderstellung im dt. ATM-Geschehen:
1. Eigenständiger Typendruck der Sanssouci- ATM- Ausgabe!
2. Kurze Betriebszeiten der PIA-Automaten allg. und in Bochum11 u.Trier11 speziell!
3. Trotz neuer Aufdrucktype war nie ein Bezug über die Versandstellen möglich!
4. Gleichzeitig zwei Vorschlagsätze im Bildschirmangebot!
Aus den genannten Gründen ist eine Wertfindung auch schwierig. Die Gesamtauflage aller Mettler- Automatenmarken ( gleich welcher Wertstufe und Verwendung ) wird auf 150.000 Stück geschätzt. Auch ich kann Ihnen leider keine Restwertsätze anbieten. Das obige Beispiel habe ich selbst „teuer“ nachträglich erstanden. Posthornsätze sind einfacher zu erwerben.
Im nächsten Kapitel kommen wir bei den deutschen Automaten- Briefmarken zu den Sielaff- Geräten. Damit haben wir Anschluss an den z. Zt.( 2007) aktuellen Münzwertzeichendrucker für deutsche Automatenmarken gefunden!